FARBE FÜR DIE REGENBOGENELEFANTEN (Rezension)

* Hellgrau, Dunkelgrau und irgendwas dazwischen sind die Elefanten im Zoo, die wir heute ganz genau beobachten. Nun, nach einem ausgiebigen Schlammbad vielleicht noch Braun, hell und dunkel, und mit etwas Fantasie gar Rotbraun. Farbiger wird es jedoch nicht, beim besten Willen.

Rot, Grün, Gelb, Blau: Regenbogenelefanten

Ganz anders bei den Regenbogenelefanten. Himmelblau und Rosarot, Sonnengelb und Moosgrün sind nur einige ihrer Farben. Doch nicht nur ihr Aussehen macht die Tiere der Herde aus dem Kinderbuch „Die bunten Elefanten und das große Buch“ von Ziska Fischer mit Illustrationen von Ruben August Fischer so einzigartig.

Hier darf jeder genau so sein, wie er ist – groß und klein, dick und dünn, jung und alt, sanftmütig und streng, ruhig und wild. Jedes Tier hat seine ganz besondere Rolle in der Gruppe. Der Umgang untereinander ist respektvoll und freundlich. Jung und Alt begegnen sich auf Augenhöhe. Alles ist genau so, wie es sein soll.

Neue Regeln machen das Elefantenleben kompliziert

Bis zwei Elefantenkinder beim unbeschwerten Spielen im Wüstensand ein großes Buch finden. Es sind Matti und Maje. Er rosa, sie türkisgrün. Er mit türkisgrüner Kappe, sie mit rosa Locke. Allerbeste Freunde.
Im Buch stehen allerlei Regeln, welche die Elefanten von nun an befolgen. Blind, sollte man meinen, denn die Vorschriften machen ihr vorher zufriedenes Leben kompliziert und unbequem. Und bringen sie schließlich sogar alle in große Gefahr.

Zweien geht das zu weit: Matti und Maje fordern die Herde auf, den Sinn der Gebote des Buches zu bezweifeln und (wieder) selbst zu denken. Und retten sie damit aus der bedrohlichen Lage.

Der große Wert der eigenen Meinung

Übersetzt in das Leben einer kunterbunten Elefantenherde greift Ziska Fischer ein sensibles Thema auf: Regeln, Gebote, Vorschriften, Weltanschauungen – auch wenn sie häufig daherkommen als wären sie es, sind sie nicht immer richtig, gut und allgemeingültig anwendbar. Mit Leichtigkeit lässt die dreißigjährige Pädagogin die beiden Elefantenkinder zeigen, dass es sich lohnt, ganz genau hinzuschauen, sich seine eigene Meinung zu bilden und erst dann zu handeln.

Gesellschaftskritik im Kinderbuch

Welche Kraft Geschichten bei der Vermittlung auch schwieriger Themen haben können, erfuhr die junge Autorin in ihrer Kindheit. Aufgewachsen in einer Kleinstadt in Rheinland-Pfalz spielten die von den Eltern teils selbst erfundenen, teils vorgelesenen Erzählungen für die vier Geschwister eine große Rolle. Schon als Kind wollte Ziska Fischer Autorin werden.

Auch im nächsten geplanten Kinderbuch mit dem Arbeitstitel „In den dunklen Drachenhöhlen“ befasst sich die heute in Hamburg lebende studierte Sozialarbeiterin mit gesellschaftskritischen Themen wie Massentierhaltung, Tierschutz und Ernährung. Ein weiteres Buch unter dem vorläufigen Titel „Als der Wolf zu kochen begann“ ist in Arbeit.

Bruch mit Stereotypen

Wie viel Nachholbedarf in diesen Richtungen besteht, merken wir beim Entdecken der Elefantengeschichte. Die Wahl der Farben der kleinen Elefanten konfrontiert uns beispielsweise mit verinnerlichten Stereotypen. Wenn der Kopf unweigerlich beim Anblick des türkisgrünen Rüsseltieres „Junge“ denkt, bei rosa „Mädchen“. Verflixt.

Illustrationen komplettieren die Geschichte

Feinfühlig und gleichzeitig spielerisch transportieren Ziska Fischers Worte die Botschaft, die Illustrationen ihres älteren Bruders Ruben August Fischer erzählen sie weiter. Auf ganz eigener Ebene. Und in die Tiefe.

Wer genau hinsieht, erfährt so einiges über die einzelnen Elefanten. Der große orange trägt auf seinem Kopf eine kleine Ente spazieren, das hellblaue Elefantenjunge benötigt offenbar eine Brille. Und mümmeln dort nicht Kunibert und Jori Elefantenpo an Elefantenpo von einem Baum?

Zeichnungen mit hohem Wiedererkennungswert

Dass die ausdrucksstarken Zeichnungen durchaus an Cartoons erinnern, wundert nicht mit dem Wissen, dass der diplomierte Kommunikationsdesigner als freier Illustrator und Comiczeichner tätig ist.

Die Farben der Elefanten leuchten regelrecht auf dem das gesamte Buch hindurch wüstensandfarbigen Hintergrund. Der ruhiges Gegenstück zur durchaus aufreibenden Handlung ist. Die elefantenfarbenen Initialen schaffen eine raffinierte Verbindung zum Text.

Korrekturbedarf in Lektorat und Schriftsatz

Demselben täte allerdings eine Korrekturlesung gut. Denn leider besteht auf Seiten des Lektorates und Schriftsatzes Handlungsbedarf. Wenn zum Beispiel der herdenälteste Elefant Veteris, einer der Protagonisten, plötzlich Verteris heißt. Oder Jori plötzlich Juri. Wenn Satzzeichen in wörtlicher Rede fehlen oder Worte innerhalb von Silben getrennt werden. Wenn nach der Präposition „laut“ Genitiv und Dativ wild gemischt werden.

Starke Botschaft, starke Bilder

Wir hoffen dahingehend auf die zweite Auflage. Alles andere kann bleiben, wie es ist: Ein Kinderbuch mit starker Botschaft und starker Illustration.

Ziska und Ruben August Fischer ist es gelungen, in einer einfachen und für Kinder greifbaren Geschichte in Wort und Bild die Folgen unreflektierten Gehorsams aufzuzeigen und Alternativen anzubieten. Sie laden die Jüngsten unserer Gesellschaft ein zu hinterfragen. Wir wünschen uns Erwachsene, die zuhören und geduldig antworten.

Die bunten Elefanten und das große Buch
Ziska Fischer (Autorin), Ruben August Fischer (Illustrator)
Altersempfehlung: ab 5 Jahren
40 Seiten, gebunden
29.7 x 21.5 cm
Alibri Verlag
1. März 2020
ISBN: 978-3865692696
16,00 Euro

Fotos: Anja Jürges/STADT LAND WELTentdecker
Cover/Titelgrafik: Alibri Verlag/Ruben August Fischer

* Für den Beitrag wurde uns ein Rezensionsexemplar des Buches „Die bunten Elefanten und das große Buch“ zur Verfügung gestellt, er ist demnach Werbung. Der Text ist unbezahlt und zeigt lediglich unsere Erfahrungen und Meinung. DANKE für das Buch und die herzliche Kommunikation, liebe Ziska! ♡

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24 Kommentare

  1. So schade, wenn auf die grundlegenden Dinge nicht achtgegeben wird. Mich würde so was so kirre machen, dass ich das Buch sicherlich nicht verschenken würde.
    Alles Liebe
    Annette

    • Nun, liebe Annette, wir finden die Fehler zwar auch ärgerlich. Aber Fehler sind menschlich. Und da uns Botschaft und Illustrationen ansonsten sehr gut gefallen, würden wir das Buch dennoch empfehlen.
      Herzlichen Gruß
      Anja

    • Liebe Annette,
      ja leider haben sich da wohl ein paar Fehlerchen in mein Buch eingeschlichen. Aber vielleicht blätterst du mal durch wenn du es in einem Buchladen siehst, eventuell kann es dich ja doch durch seinen Inhalt überzeugen 🙂
      Liebe Grüße
      Ziska

  2. Liebe Anja,
    Das klingt nach einem ganz großartigen Kinderbuch. Ich finde es toll, dass sich Ziska Fischer an solch eine schwierige Thematik wagt – aber Stereotype zu erkennen und damit umzugehen, ist so enorm wichtig. Kinder können hier nur profitieren. Die Autorin scheint das sehr kindgerecht aufklären zu können – ich hoffe, du stellst uns das Buch über Massentierhaltung auch noch vor – das fände ich sehr spannend zu sehen, wie sie das angegangen ist.
    Liebe Grüße von Miriam von Nordkap nach Südkap

  3. Ein tolles buntes Kinderbuch. Hätte gern noch ein paar Innenseiten des Buches gesehen, um einen besseren Eindruck zu gewinnen. Aber die Geschichte gefällt mir schon mal sehr gut. LG, Claudia

  4. Hi Anja,
    das klingt nach einem richtig schönen Kinderbuch mit vielem worüber nicht nur Kinder nachdenken müssen.
    Ich überlege gerade ob mein Patenkind bereits zu alt für dieses Buch ist…
    Ich werde es auf jeden Fall einmal auf meine Liste eventueller Geschenkideen packen.
    LG
    Stephan

    • Lieber Stephan,
      da hast du allerdings Recht – das Thema geht uns alle an, nicht nur Kinder. Die Altersempfehlung ab 5 Jahren trifft es ganz gut – ich denke, dass das Buch auch für ältere Kinder durchaus sinnvoll und interressant ist.
      Herzlichen Gruß
      Anja

    • Hallo Stephan,
      wie schön, dass mein Buch dich anspricht! Von vielen Lesern habe ich die Rückmeldung bekommen, dass das Buch auch für ältere Kinder (so bis 8, 9 Jahre) interessant ist. Ich denke in diesem Alter kann man die Thematik auch nach der Lektüre toll vertiefen. Falls du dich dazu entscheiden solltest das Buch zu verschenken, freue ich mich natürlich auch sehr über eine Rückmeldung wie es euch gefallen hat 🙂
      Liebe Grüße
      Ziska

  5. Hallo,

    wieder ein schönes Buch was du uns vorstellst. Es sieht nicht nur süß aus, sondern scheint auch toll zu sein. Bis auf die Fehler die du beschreibst. Ich habe ja auch immer Fehler, aber für ein Buch sollte man jemanden haben zum Gegenlesen.
    Danke fürs Vorstellen.
    Liebe Grüße
    Julia

  6. Liebe Anja,
    ich finde es schön, dass dieses Kinderbuch mit Stereotypen bricht und Kindern diese wichtige Botschaft, sich eine eigene Meinung zu bilden, mit auf den Weg gibt. Somit bietet das Kinderbuch auch einen schönen Mehrwert. Aber bei den Zeichenfehlern gebe ich Dir recht, ist alleine schon vom Lesen und Vorbildfunktion für Kinder eine Überarbeitung angebracht. Ansonsten spricht es mich sehr an und ich habe schon eine erste Idee zum Verschenken.
    Herzliche Grüße Vivienne

  7. Ich finde, du stellst immer so außergewöhnliche Kinderbücher vor! Das gefällt mir! Ich persönlich blättere auch hier und da mal in einem Buch für Kinder und mag die am liebsten, in denen Kinder auch ohne viel lesen die Story erfassen können! PS: Ähnliche bunte „Bauklötzer“ haben wir auch in der Praxis! Ich finde sie klasse!

    Liebe Grüße
    Jana

    • Danke, liebe Jana. 🙂
      Ja, das stimmt. Besonders für sehr junge Kinder ist es wichtig, dass die Geschichte auch über die Illustrationen greifbar wird.
      Und: oh ja, wir lieben diese Bausteine auch.
      Herzlichen Gruß
      Anja

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