* Ameise und Blattlaus, Bohne und Knöllchenbakterien, Elch und Mistkäfer. Auch wenn die Verbindung zwischen den ungewöhnlichen Paaren nicht gerade offensichtlich ist – sie sind Freunde. Vielleicht nicht so, wie wir uns das vorstellen. Einige passen aufeinander auf, einige brauchen einander zum Überleben und andere wissen nicht einmal voneinander. Ob da wohl auch ein Freund für Homer dabei ist? Den Berühmten. Den braungetigerten Kater. Aus Emilia Dziubaks Kinderbuch „Das Faultier und die Motte – Die ungewöhnlichsten Tierfreundschaften“, herausgegeben vom Verlag arsEdition. Denn einen Freund, den braucht die sensible Samtpfote dringend.
Gesucht: Ein Freund für Homer
Kater Homer ist schockiert. So richtig. Von einem Tag auf den anderen ändert sich sein bis dahin gemütliches Leben. Sein Futternapf war stets gut gefüllt, sein Kuschelplatz war ganz allein ihm vorbehalten, sein Katzen-, pardon, Katerklo war sauber und einige weitere Lieblingsorte standen für ausgiebige Nickerchen bereit. Bislang. Als er eines Tages von seinem nächtlichen Ausflug heimkehrt, ist es damit vorbei. Seine Futterschale ist leer, auf seinem weichen Kissen liegen andere Katzen, sein Klo ist voller fremder Häufchen und sogar der Pappkarton, der Pantoffel, der Wäschekorb und der Einkaufsbeutel sind belegt. Homer ist zutiefst gekränkt. Er verlässt das Haus. Auf der Suche nach einem neuen Freund entdeckt der Stubentiger in der Welt der Tiere, Pflanzen, Pilze und Einzeller so einige ungewöhnliche Freundschaften. Doch wer davon passt zu ihm? Am Ende des Tages ist Homer schrecklich müde. Und findet seinen perfekten Freund. An einem unerwarteten Ort.
Tierische Freunde im Kurzporträt
Der etwas eigensinnige, jedoch nicht minder sympathische Kater Homer begleitet uns durch das Bilderbuch. Auf der ersten Doppelseite lässt Emilia Dziubak den Vierbeiner seine erschütternde Geschichte erzählen. Auf den darauf folgenden Seiten beobachtet er – sortiert nach verschiedenen Freundschaftsmustern – die ungleichen Paare. In einem einleitenden Textabschnitt benennt und kommentiert der Kater jeweils, um welcherlei Freunde es sich handelt – verliebte Freunde beispielsweise, falsche Freunde oder Freunde auf Gedeih und Verderb. Zu jedem befreundeten Paar gibt es eine kurze, sachliche und altersgerechte Erklärung.
So begegnen wir im Laufe des Buches unter anderem befreundeten Nachbarn. Die Motte zum Beispiel lebt im Fell des Braunkehl-Faultiers, um ihre Larven in dessen Kot zu legen. Denn nur dort entwickelt sich der Nachwuchs. Die beflügelten Untermieter hinterlassen ihre Ausscheidungen im Fell der Faultiere und sterben sogar dort. Sie sind Dünger für Algen, welche die Faultiere wiederum fressen. Die Hyäne beispielsweise ist hingegen nur mit dem Löwen „befreundet“, um Reste seiner Mahlzeiten zu verspeisen. Und der Hai zum Beispiel weiß nicht einmal von seiner Freundschaft mit dem Schiffshalter. Letzterer hält sich nämlich heimlich mit der Saugplatte an seinem Kopf am Hai fest und frisst dessen Essensreste. Auf der letzten Seite der Geschichte schließlich lernen wir Homers Freund kennen. Den neuen alten.
Detailreiche und humorvolle Illustrationen
Mit ihren Illustrationen transportiert Emilia Dziubak auf kindgerechte Weise den Humor, der in der Geschichte und in der Betrachtungsweise der Freundschaften liegt. Die einzelnen vorgestellten Lebewesen sind gut zu erkennen, jedoch ist die Darstellung nicht fotorealistisch. Die Gesichtszüge und besonders die teils großen Kulleraugen machen die vielfältigen Charaktere des Sachbuchteils zu ulkigen Bilderbuchwesen.
Die Zeichnungen wirken freundlich, sie sind voller liebevoll gestalteter Details. Die Bilder der einzelnen Freundepaare sind nicht einfach aneinandergereiht, nicht aufgezählt. Sie sind durch eine thematisch passende Umrandung miteinander verbunden. Mal sind es Baumstämme und Äste, mal Wasserpflanzen und mal Steine, die sich um die Tiere, Pflanzen, Pilze und Einzeller winden. Und die Homer als Versteck und Aussichtspunkt für seine Beobachtungen dienen.
Die Farbstimmung des Buchteils mit Sachinformationen ist dominiert von dunklen Braun- und Grüntönen – wir sind mitten in der Natur. Hingegen ist Homers Geschichte auf der ersten und der letzten Doppelseite von blumighellen Pastelltönen geprägt. Die Welt unseres vierbeinigen Begleiters bildet sowohl einen visuellen Rahmen als auch eine den Sachteil rahmende Handlung. So gelingt wunderbar die Verbindung aus Bilderbuchgeschichte und Sachbuch.
Rätselspaß am Buchende
Selbst das hintere Vorsatzpapier ist für eine kniffelige Irrgarten-Höhle kreativ genutzt. Aus dieser möchte der Pistolenkrebs befreit werden, um endlich zu seiner Freundin, der Grundel, zu gelangen. Mit etwas Hilfe der kleinen und großen (Vor-)Leser schafft er es gewiss.
Wer herausfinden möchte, welcher Freundschaftstyp er selbst ist, sollte jedoch zurückblättern. Denn im Anschluss an Homers Geschichte gibt es einen Psychotest samt Auswertung. Kinder erfahren, ob sie in Freundschaften eher wie der selbstbewusste Homer, der verlässliche Krebs, die tüchtige Ameise, die schüchterne Bohne, die quirlige Hummel oder gar wie der König unter den Freunden, der Löwe, sind. In den Fragen geht es um das eigene Verhalten in verschiedenen Situationen mit Freunden. Für die Zielgruppe ab einem Alter von drei Jahren ist das gewiss schwierig zu beantworten – (so viel) Selbstreflexion ist in diesem Alter einfach nicht möglich. Vielleicht haben ältere Kinder Freude an dem Test. Aber – auch wenn das Ganze durchaus mit einem Augenzwinkern zu verstehen ist – vielleicht sollten Kinder auch einfach Freunde sein. So, wie sie sind. Ohne Analyse, ohne Bewertung.
Wir zumindest lesen und erkunden vorerst nur den Geschichten- und Sachteil. Und der macht jede Menge Spaß. „Das Faultier und die Motte – Die ungewöhnlichsten Tierfreundschaften“ nämlich ist ein Bilder-Sachbuch mit spannenden Fakten für die Allerkleinsten, eingebettet in eine gleichermaßen rührende wie humorvolle Geschichte. Gelungen.
Titel: Das Faultier und die Motte – Die ungewöhnlichsten Tierfreundschaften
Urheber: Emilia Dziubak (Autorin, Illustratorin)
Altersempfehlung: ab 3 Jahren
Umfang: Hardcover, 32 Seiten
Maße: 317 mm x 237 mm
Herausgeber: Verlag arsEdition
Veröffentlichung: 18. September 2020
ISBN: 978-3-8458-3414-6
Preis: 15,00 Euro [D], 15,50 Euro [A]
Original Titel: Niezwykłe przyjaźnie. W świecie roślin i zwierząt
Original Verlag: Nasza Księgarnia Publishing House Ltd.
Original Sprache: Polnisch
Übersetzer: Thomas Weiler
Fotos: Anja Jürges/STADT LAND WELTentdecker
Cover/Titelgrafik: Verlag arsEdition
* Für den Beitrag wurde uns ein Rezensionsexemplar des Buches „Das Faultier und die Motte – Die ungewöhnlichsten Tierfreundschaften“ zur Verfügung gestellt. Der Text ist unbezahlt und zeigt lediglich unsere Erfahrungen und Meinung. DANKE für das schöne Buch und die unkomplizierte und herzliche Kommunikation, liebe Marlena! ♡
Hier könnt ihr in weiteren Titeln der Autorin und Illustratorin Emilia Dziubak stöbern. Weitere Bücher aus dem Verlag arsEdition findet ihr hier. All unsere BUCHentdeckungen sind hier gesammelt.
Die Geschichte klingt toll und bringt Kinder sicherlich kindgerecht bei, dass man keine Vorurteile haben sollte und wir alle gleich sind. Eine sehr wichtige Botschaft! Ich finde es toll, dass du das unterstützt und dieses Buch vorstellst. Das wäre sicherlich auch eine tolle Geschenkidee! Mal schauen wem ich das zu Weihnachten schenke… ich habe da schon eine Idee. Danke für den tollen Tipp!
Liebe Grüße,
Saskia Katharina
Liebe Saskia Katharina,
dann wünsche ich der/dem Beschenkten schon einmal viel Freude mit diesem schönen Buch. 🙂
Herzliche Grüße
Anja
Ich musste schmunzeln, als ich deine Überschrift las. Genau dieses Buch wünscht sich mein kleiner Patient zu Weihnachten. Jetzt mit deinem Artikel werd ich es gleich besorgen, das hört sich wirklich unglaublich ulkig und auch sehr interessant an. Ich bin gespannt wie es von innen aussieht und wie es ihm gefällt. Ich danke dir für deine tolle Rezession und freu mich drauf es mit ihm anzuschauen und Katerchen Homers Geschichte zu erfahren.
Liebe Sarah,
ach wie schön. Dann wünsche ich euch beiden viel Freude mit dem Buch und Kater Homer. 🙂
Herzliche Grüße
Anja
Ungewöhnliche Tierfreundschaften finde ich immer toll! Da hat man ja schon so einiges gesehen, was einem zum Staunen bringt! Aber die Geschichte mit der Motte und dem Faultier kannte ich zum Beispiel noch nicht! Wieder mal ein sehr schönes Buch, das in keinem Kinderbuchregal fehlen sollte!
Liebe Grüße
Jana
Stimmt, liebe Jana, mit diesem Buch können nicht nur die kleinen Leser etwas über die spannende Welt der Tiere, Pflanzen, Pilze und Einzeller lernen. 🙂
Herzliche Grüße
Anja
Das Buch klingt unglaublich niedlich. Es scheint auch gut die verschiedenen Tiere/Tiernamen einzuführen. Nach deiner Rezension kommt es direkt auf meine Liste für Kinderbücher, die wir unbedingt brauchen, wenn meine Tochter dann alt genug dafür ist.
LG Jana
Liebe Jana,
na dann wünsche ich euch schon mal viel Spaß mit dem Buch, wenn es dann soweit ist. 🙂
Herzliche Grüße
Anja
Was für ein tolles Buch. Und ich hab direkt mal was gelernt. Das mit der Motte im Fell des Faultiers hatte ich noch nie gehört. Sehr spannend. Und die Idee mit dem schockierten Kater Homer ist einfach super. So ein Buch hätte mich als Kind davor bewahrt, einen Ekel vor Motten zu entwickeln, der mich bis heute begleitet. Und schön geschrieben ist Dein Artikel. Macht richtig Lust auf das Buch.
LG Renate von Trippics
Danke für dein liebes Lob, liebe Renate. 🙂
Dass dir der Beitrag gefällt, freut mich riesig.
Und vielleicht kannst du mit dem Buch ja auch jetzt noch deine Angst vor Motten ablegen?
Herzliche Grüße
Anja
Liebe Anja,
allein schon weil ein Faultier in dem Buch vorkommt, bin ich Feuer und Flamme. Aber das Thema finde ich auch gut gewählt und spannend umgesetzt. So z.B. die Detailgenauigkeit mit den Motten und dem Leben im Faultierfell. Lernen sogar noch die Erwachsenen etwas dazu. Da finde ich es auch gar nicht schlimm, wenn sich die Zeichnungen nicht exakt an der Realität orientieren.
Liebe GrüßE
Mo
Liebe Mo,
die ungewöhnlichen Tierfreundschaften sind wirklich kindgerecht und genau so ausführlich, wie es für das Verständnis notwendig ist, beschrieben. Und die verniedlichende Darstellung der Tiere finde ich auch äußerst putzig. 🙂
Herzliche Grüße
Anja